Deutscher Gewerkschaftsbund

05.12.2018
Datenkapitalismus

Wie Konzerne Geld mit Daten verdienen

Alle sprechen vom Datenkapitalismus. Daten seien das neue Öl, heißt es dann häufig. Warum das nicht stimmt und wie Konzerne mit Daten Geld verdienen, zeigt unser Autor Guido Brombach.

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DGB / pixabay / Alexas_Fotos

Warum Daten nicht das Öl der 21. Jh. sind

Rohstoffe, aus denen Wertschöpfung hervorgeht haben die Eigenschaft, dass sie verbraucht werden und in der Regel nicht im Überfluss vorhanden sind. Daten dagegen verbrauchen sich nicht und jeder von uns hat genug davon, weil sie wie alles in der Digitalen Welt kopierbar sind. Um so erklärungswürdiger ist der Konzentrationsprozess der Datenmächte innerhalb der letzten Jahre.

Unerschöpfliche Rohstoffe, die jedem zugänglich sind, bleiben zwar Rohstoffe im Sinne des Prozesses ihrer Veredlung, gehorchen allerdings ganz anderen ökonomischen Regeln. Sie dienen im wirtschaftlichen Kreislauf nicht nur der Monetarisierung, also der Umwandlung in Geld, sondern werden damit auch zur Tauschware mit anderen Daten. Der Rohstoff Daten wird um so wertvoller, je dichter die einzelnen Datensätze miteinander verbunden werden können.

Wie das Datensammeln funktioniert

Ein Datensatz kann aus beliebig vielen Datenfeldern bestehen. Ein Datenfeld ist zum Beispiel ein Vorname oder ein Nachname, aber auch eine Kontonummer oder ein monatliches Gehalt. Viele Datenfelder verbinden sich zu einem Datensatz. Umgangssprachlich nennen wir solche Datensätze Profile.

Viele verschiedene Dienste, die wir im Internet benutzen, speichern unsere Profile, aber jeder dieser Dienste, zum Beispiel Amazon oder Web.de hat eigene Profile seiner "Kund_innen" mit den Datenfeldern, die sie in ihren Angeboten verwenden. Als aufgeklärte Nutzende geben wir immer nur die nötigsten Informationen an und vermeiden allumfängliche Datenweitergabe. Um die Datensätze mit weiteren Datenfeldern anzureichern, werden Dienstleister tätig, die in der Lage sind, unser Profil von einem Anbieter zum nächsten zu übertragen und dort auch als die gleiche Person erkannt zu werden. Dafür sind sogenannte Id's nötig. Also eindeutige Datenfelder wie E-Mailadressen, über die eine zweifelsfreie Verbindung zwischen zwei Datensätzen hergestellt werden kann.

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Neben offensichtlichen Daten, die wir von uns preisgeben, entstehen aber auch eine Reihe von Daten, die unabsichtlich während der Bedienung einer Webseite anfallen. Spezielle Dienste haben sich deshalb zum Beispiel darauf spezialisiert den Cursor zu tracken, um eine Form des Mousetracking durchzuführen, also auf welche Art werden Webseiten von einem bestimmten Profil gelesen, Beispielhaft sei hier Lucky Orange genannt. Ein Überblick der Dienstleister im Datenbereich zeigt, dass hier eine sehr ausdifferenzierter Komplex entstanden ist, der trotz seiner scheinbaren Vielseitigkeit und verstrickten Abhängigkeiten zu Zentralisierung neigt.

Die wirklich großen Datenkraken und womit sie ihr Geld verdienen

Die untenstehende Grafik basiert auf einem Forschungsprojekt des Wiener Internetforschers Wolfie Christl, der zusammen mit Sarah Spiekermann eine beachtenswerte Arbeit über die Networks of control geschrieben hat. Es wird deutlich, dass nicht nur Google und Facebook als die uns bekannten Player in Erscheinung treten, sondern auch alte Bekannte, wie Oracle, oder auch bisher eher unbekannte wie Acxiom, Experian und TransUnion. Was machen diese Unternehmen und wie gelangen sie an die Profile?

Datenkonzerne im Überblick

Cracked Labs CC BY-SA 4.0

Viele treten als SaaS (Software as a Service) Dienstleister auf und stellen Plattformen zur Verfügung, mit deren Hilfe die gigantischen Datenmengen nicht nur vorgehalten, sondern auch durchsuchbar gemacht werden können. Die bereitgestellte Hardware erfordert riesige Mengen Kapital, damit sind die schnellen, kleinen Startups außen vor. So ist die Zentralisierung auf einige wenige Player zu erklären. Es ist zwar auf der einen Seite so, dass diese Datensätze kopierbar und in rauen Mengen vorhanden sind, aber es setzt sehr hohe Investitionen voraus, um die Hardware aber auch die entsprechenden Technologien zu entwickeln, die Datensätze zu Geld zu machen.

Wie funktioniert Datenkapitalismus?

Neben den vielen kleinen Dienstleistern, die Daten aus verschiedenen Geräten der Enduser, plattformübergreifend zusammenbringen und über Id’s miteinander verbinden um noch komplexere Datensätze zu erzeugen, braucht es Prognose-Algorithmen, also Programme, die in dem Datenbestand Muster erkennen und Wahrscheinlichkeiten über ihre mögliche Aussagekraft anstellen können.

Am Ende des Tages sind datengetriebene Vorhersagen auf der Basis der Profile die hohe Kunst der genannten Player und reduziert sie auf einige wenige, die wiederum auf der Basis ihres Datenschatzes möglichst präzise Aussagen über zukünftiges Verhalten ihrer Profile treffen.

Es gibt also zwei Veredlungsstufen, zum einen die Datensätze über eindeutige ID’s zu größeren Datensätzen zusammenzuführen und zum zweiten jenseits des einzelnen Datensatzes darauf zu schließen, wie sich eine bestimmte Art von Profilen verhalten wird.

Warum Menschen manipulierbar sind

Je präziser die Prognosen sind, um so teurer können die Dienstleistungen gehandelt werden. Daten werden auf der zweiten Veredlungsstufe nicht mehr verkauft, sondern nur die Prognosen über entsprechend zu erwartendes menschliches Verhalten. Facebook zum Beispiel verkauft den Werbetreibenden nicht die Informationen über ihre Profile, sondern sie behalten sich vor eine bestimmte Werbung oder politische Botschaft nur an einen vorher definierten Interessentenkreis weiterzuleiten. Dabei geht es nicht nur um das Schaffen von Bedürfnissen, sondern auch in Form von Nudging (Begriff aus der Verhaltensökonomik =Stubs in die "richtige" Richtung), um die Beeinflussung menschlicher Verhaltensweisen.

Und damit ist Datenhandel deutlich mehr als nur eine Weiterentwicklung der digitalen Marketingaktivitäten, es wird damit zu einem mächtigen Werkzeug der unbewussten Beeinflussung sehr vieler Menschen. Bisher sind die hinter den Datenkapitalisten stehenden Mustererkennungsprogramme intransparent. Auf welcher Basis der Nutzende also Inhalte in seiner Timeline zum Beispiel bei Facebook angezeigt bekommt, oder warum bei Google die Suchergebnisse bei dem einen so und bei dem anderen so aussehen ist damit erklärungswürdig, jenseits aller Fragen zu Datenschutz und Datenhoheit.

Wir müssen also Druck auf den Gesetzgeber ausüben, um mehr Transparenz bei datengetriebenen Prognosen zu erhalten. Die Frage wird nicht mehr sein, ob man etwas zu verbergen hat oder nicht, sondern ob man berechnet, vermessen und beeinflusst wurde ohne es zu merken und die Entscheidung durch das Vorenthalten bestimmter Informationen gesteuert wurde.


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